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Im Kinderheim Maison des Anges in Haiti leben Kinder und Jugendliche, welche Voll-, Halb- oder Sozialwaisen sind. Sie werden vom Jugendamt und von der Polizei gebracht. Auch Mütter bringen ihre Kinder, wenn sie nicht mehr für sie sorgen können. Im Heim bekommen sie medizinische Betreuung, sie gehen zur Schule und wir unterstützen sie in der Berufsbildung.

Anfangs Mai 2022 musste das Kinderheim wegen heftigen Bandenkriegen und politischen Unruhen evakuiert werden. Die Heimkinder und das Personal sind nun auf dem Land auf einem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb namens Espoir. Die Infrastruktur ist sehr notdürftig. Wir sind daran diese zu verbessern. Den Kindern geht es gut und sie besuchen die Ortsschule.

Das Kinderheim und die Mda-Schule in der Hauptstadt Port-au-Prince werden durch bewaffnete Security und ein paar mutigen Angestellten weiterhin beschützt und unterhalten.

Kinderheim seit 2000

Das Maison des Anges wurde 1998 durch Herrn Leslie Maximilien zusammen mit Frau Susan Krabacker gegründet. Zu Beginn war es ein Waisenheim für Kinder mit Behinderungen. Im Jahr 2000 wurde das Kinderheim in ein allgemeines Kinderheim und in eine Kindertagesstätte umgewandelt. Die Leitung übernahm Gladys S. Maximilien, die Ehefrau von Leslie Maximilien. Die haitianischen Behörde “Institut du Bien Etre social et Recherches (IBESR)” erteilte dem Kinderheim eine Betriebsbewilligung. Das Maison des Anges begann daraufhin mit ersten Platzierungen von Kindern mit Adoptionen in Frankreich, später folgten Adoptionen in weitere Länder. Seit 2014 konnten kaum mehr Kinder in Familien vermittelt werden, da Haiti aufgrund der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention sich neu organisieren musste, später war es wegen Corona nicht mehr möglich und danach wegen den Bandenkriegen.

Erdbeben 2010 & Wiederaufbau

Erdbeben

Nach dem verheerenden Erdbeben vom 12. Januar 2010 gab es im Kinderheim Maison des Anges wie durch ein Wunder keine schwerverletzten Menschen. Die Gebäudeschäden waren jedoch erheblich. Alle Kinder mussten evakuiert werden, da das Gebäude einsturzgefährdet war.

Nach dem ersten Schock um das Geschehene stellte die Grundversorgung der Kinder das grösste Problem dar. Vor allem fehlte das Trinkwasser, auch Medikamente, Windeln und andere Sachen fehlten. Erste Spenden trafen ein, um Nahrung zu kaufen. Die Heimleitung und Heimmitarbeiterinnen waren dankbar über die Solidarität und spontane Hilfe aus der ganzen Welt. Das Schweizerische Korps für Humanitäre Hilfe (SKH) baute auf dem Gelände des Kinderheims zwei Grossraumzelte auf und stellte die Wasserversorgung sicher.

Wiederaufbau des Heims

Die schweizerische Organisation Timoun plante daraufhin zusammen mit Help a Child e.V. in Deutschland und der Heimleitung des Maison des Anges den Wiederaufbau des Kinderheims mit Spendengeldern.

Im April 2010 wurde mit den Abbrucharbeiten begonnen und der Neubau geplant. Es war allen ein Anliegen, den Neubau so zu gestalten, dass genügend sanitäre Anlagen für die Kinder und das Personal zur Verfügung stehen. Auch sonst sollte der Neubau den Bedürfnissen der Kinder entsprechend optimiert werden. Wenn immer möglich wurde mit einheimischen Firmen zusammengearbeitet, damit auch die Wirtschaft mit den Spendengeldern gestärkt werden konnte. So erhielten Maurer, Zimmerleute, Dachdecker, Anstreicher usw. durch Spenden aus der Schweiz und Deutschland Jobs. Schreiner wurden damit beauftragt, Kinderbetten und Schränke zu fertigen.

Einzug in das neue Haus

Der Wiederaufbau des Maison des Anges beanspruchte ein knappes Jahr. Die Kinder, welche in dieser Zeit in den Zelten übernachteten, konnten im März 2011 in das neue Haus einziehen.
Leider machte die Cholera vor dem Maison des Anges nicht Halt. So gab es im Heim vereinzelt Ansteckungen. Eine Mitarbeiterin von Help a Child war vor Ort und schulte und unterstützte das Personal beim Einhalten der Hygienemassnahmen. Ein Teil der Kinder wurde gegen Cholera geimpft.

Mehr Informationen zum Erdbeben in Haiti vom 12. Januar 2010 finden Sie auch auf der entsprechenden Seite von Wikipedia.

Flucht 2022 & Wiederaufbau in Espoir

Am 25. April 2022 stiess die «400 Mawozo»-Gang ins Gebiet des Kinderheims vor. Die Gang «Chen Mechant» (böser Hund auf Kreolisch), die sich diese Strassen zu eigen gemacht hatte, verteidigte sich. Das Kinderheim geriet buchstäblich in die Schusslinie der rivalisierenden Gangs. Mehrere Schüsse verirrten sich in den Vorhof, in dem die Kinder normalerweise spielten. Verängstigt versteckten sich die Kinder unter ihren Betten. Nach draussen traute sich niemand mehr. In der Nacht fing es an zu regnen. Sintflutartig strömte das Wasser über die Strasse und es blieb vorerst ruhig. Dann nahmen die Kämpfe wieder zu. Etwa 10 000 Menschen flohen, über 400 Personen starben. Bleiben war keine Option, zu sehr hätte man das Leben der Kinder gefährdet. Aber wohin mit so vielen Kindern?

Gladys Maximilien, die Leiterin des Kinderheims, klärte verschiedene Möglichkeiten ab. Eines war klar: Auf dem Land sind die Gangs weniger aktiv. Sie fand einen Ort mit Schlafmöglichkeit. Die Herausforderung war: Wie bringt man so viele Kinder unbemerkt aus dem Kinderheim? Es wurde geplant, Pläne verworfen und neue gemacht. Am 7. Mai 2022, sehr früh am Morgen, standen vier gemietete Geländefahrzeuge bereit. Viele Kinder drängten sich hinein. Aus Angst wollten alle mitfahren und konnten fast nicht überredet werden, am nächsten Tag mit der zweiten Fahrt mitzugehen. Im Heim blieben einige mutige Erwachsene mit dem Wachpersonal zurück. Sie halten auf weiteres die Stellung, damit das Kinderheim nicht geplündert wird.

Die Fahrer nahmen den Weg über die Berge, der abschüssig und schwierig zu fahren ist. So umgingen sie die Hochburg der Gangs. Nach acht Stunden kamen die Reisenden sicher ans Ziel. Am nächsten Tag trafen auch die anderen, darunter die Heimleiterin, unversehrt ein. Die Erleichterung war riesig!

Das Personal und Kinder mussten sich neu orientieren und die Infrastruktur aufbauen. Die Matratzen des Kinderheims trugen sie in eine Abstellkammer. Fast ein Jahr schlafen sie dort und teilen sich die Matratzen. Danach konnten erste Betten eingerichtet werden. Das fehlende Wasser wurde zum Problem. Hier halfen wir mit dem Bau eines Brunnens. Nachdem die Kinder den Schulstoff von fast zwei Monaten verpasst hatten, öffnete die Ortsschule während den Sommerferien vorübergehend ihre Tore. Die Kinder schlossen auf diese Weise das Schuljahr doch noch richtig ab und konnten in die nächsthöhere Klasse wechseln.

Ein Landwirtschaftsprojekt wurde lanciert. Die Kinder helfen beim Pflanzen von Bananen- und anderen Obstbäumen und beim Füttern der Tiere. Anpacken müssen sie auch beim Waschen der Wäsche, was von Hand gemacht wird, oder beim Putzen. Im Herbst fing die Bauplanung für die Kinderhäuser an, damit die Kinder und ihre Betreuerinnen wieder in einem richtigen Bett schlafen können. Eine Rückkehr in die Hauptstadt ist in absehbarer Zeit nicht möglich.

Kosten Grundversorgung

In der Vergangenheit finanzierte sich das Kinderheim hauptsächlich durch Adoptionen. Etwa die Hälfte der Kinder konnten jeweils in eine Familie vermittelt werden. Das hat sich seit Frühling 2014 geändert: Haiti hat die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert und ihre Gesetze im April 2014 angepasst. Dies führt dazu, dass eine Quersubventionierung des Heimes durch Adoptionen nicht mehr möglich war.

Der Bedarf

Im Kinderheim arbeiten Nounous (Betreuerinnen der Kinder), Krankenschwestern, Köchinnen, Haushaltshilfen, Lehrpersonen, Büroangestellte, Wächter, Fahrer und Allrounder. Der Betrieb des Heims muss rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr, funktionieren, damit die Kinder grundversorgt und geschützt sind.

Das Kinderheim benötigt monatlich 32‘000 USD. Darin sind Essen, Milchpulver, Babynahrung, Windeln, Kleider, Medikamente, Arztkosten, Personalkosten, Schulgelder, Gebäudeunterhalt etc. enthalten. Aktuell beträgt das monatliche Defizit 10’000 bis 20’000 USD, das der Förderverein Maison des Anges übernimmt. Der Staat zahlt nichts an die Unterhaltungskosten des Kinderheims. Wenn die Kinderheime die Mittel nicht aufbringen, müssen die Kinder zurück auf die Strasse oder sie werden als Kindersklaven ausgenützt – Kinder werden an reichere Leute gereicht, bei denen sie den Haushalt machen müssen. Im Gegenzug sollten sie eine Schulbildung erhalten, was meistens nicht geschieht. Viele werden ausgenützt – auch sexuell. Über 250‘000 Kinder leben mit einem solchen Schicksal.

Vor einem solchen Schicksal wollen wir die Kinder in Haiti bewahren, deshalb engagieren wir uns in Haiti.